Geht es um die Erklärung der Wirkungsweise ihrer Verfahren, sind Alternativmediziner meist selbst auf reine Spekulationen angewiesen. Sie sehen nur, dass ihr Verfahren wirkt, können aber nicht erklären, wie oder warum es wirkt. Es werden zwar zum Teil sehr mutige Annahmen getroffen, die aber in der Regel nicht nur abenteuerlich, sondern auch unmöglich sind. Um die Wirkweisen der Alternativmedizin besser zu verstehen, soll im Folgenden kurz auf die Geschichte der Alternativmedizin eingegangen werden, um danach einen Erklärungsansatz für die Wirksamkeit darzustellen und zu kritisieren.

Wie die Alternativmedizin entstanden ist

Noch weit bis ins 19. Jahrhundert gab es in weiten Teilen Europas keine wissenschaftliche, evidenzbasierte Medizin, war es oft schädlicher, sich von einem Arzt behandeln zu lassen als einfach nichts zu tun. Besonders gefährlich waren Aderlasse, die gegen fast alles "verschrieben" wurden und oftmals zum Tod führten (und noch heute propagiert werden - vgl. Wighard 2003). Ohne evidenzbasierte Medizin gab es aber kaum eine andere Möglichkeit, als sich seinem Schicksal zu ergeben oder auf die Erfahrung zurückzugreifen: hatte sich ein (scheinbares) Heilverfahren als erfolgreich erwiesen, wurde es wieder und wieder angewandt, ohne genau zu wissen, wie es funktioniert. Schliesslich hat wer heilt recht.

Von den ersten Versuchen in der Urzeit, gegen Krankheiten etwas zu unternehmen bis ins 19. Jahrhundert basierte das Wissen um die Wirksamkeit von "Heilmitteln" (fast) ausschliesslich auf der Erfahrung. Dies war durchaus rational, da es ja einfach darum ging, aus dem "Nichts" Methoden zu entwickeln, die zur Heilung angewandt werden konnten. Gebete und Heilkräuter gehörten wohl zu den ersten "Arzneimitteln", vor allem aber war es von Bedeutung, giftige Substanzen zu meiden. Mittels Versuch und Irrtum konnte so durchaus die Lebensqualität verbessert werden, doch war man Krankheiten und Seuchen nicht zuletzt deshalb ausgeliefert, da man die Zusammenhänge nicht verstand, welche zu diesen führen konnten. Hygieneregeln gab es kaum, Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien waren unbekannt.

So rational es also ursprünglich gewesen sein mag, sich auf die Erfahrung zu verlassen, so gefährlich war dies auch. Denn die Erfahrung ist alles andere als zuverlässig. So gab es auf der einen Seite zwar durchaus "echte" Erfolge mit Heilpflanzen, basierten viele "Heilmethoden" aber auch auf reiner Einbildung und Aberglauben. Unberücksichtigt, da noch unbekannt blieb der Placeboeffekt, oftmals wurde man Opfer der selektiven Wahrnehmung, dass also nur Erfolge in der Erinnerung blieben und Misserfolge ausgeblendet wurden. Bei manchen Verfahren ergaben sich auch "Scheinerfolge", dass beispielsweise viele Patienten nach einem Aderlass ruhiger wurden, was allerdings einfach auf den zu grossen Blutverlust zurückzuführen war.

Im Zuge der Aufklärung begannen erste Mediziner gewisse Heilmethoden wie den Aderlass genauer zu untersuchen. Sie entwickelten neue Verfahren, die Grundlagen sind der heutigen evidenzbasierten Medizin. Man wollte nicht mehr einfach der Erfahrung oder dem Glauben an Autoritäten vertrauen, sondern mittels Studien die Wirksamkeit dieser Verfahren überprüfen. Schon die ersten Resultate stellten sich allerdings als sehr ernüchternd heraus: die meisten angewandten Methoden erwiesen sich als unwirksam oder sogar schädlich. Damit war gezeigt, dass Erfahrung als Grundlage für die Wirksamkeit von Heilmethoden untauglich war.

Viele der heutigen Formen der Alternativmedizin berufen sich auf "altes Wissen", auf die jahrhundertelange Erfahrung der Wirksamkeit ihrer "Heilmethode". Viele dieser "Heilmethoden" basieren aber auf genau den Mechanismen, deren Wirksamkeit im Laufe des 19. Jahrhunderts durch Studien immer mehr hinterfragt oder sogar widerlegt werden konnten. Wer heilt, der heilt zwar, er hat aber bestimmt nicht immer recht.

Heilerfolge der Alternativmedizin lassen sich ganz natürlich erklären

Wie im Artikel »Alternativmedizin: wie sie wirkt gezeigt wird, lassen sich die Heilerfolge der Alternativmedizin (fast) ausschliesslich durch ganz natürliche Effekte erklären. Dies bedeutet aber, dass die Erfolge nicht auf behauptete nichtnatürliche, respektive nichtphysische Wirkweisen zurückzuführen sind. Es sind nicht die "potentierten" Globuli der Homöopathie, nicht die Schüsslersalze, aber auch nicht die Meridiane der Akkupunktur etc., die wirken, sondern Effekte wie der Placeboeffekt, die selektive Wahrnehmung, die Selbstheilungskräfte des Menschen etc. Spekulative esoterische Erklärungen wie feinstoffliche Energien oder magische Lebenskräfte werden dazu nicht benötigt, da die Effekte auch ohne sie hinreichend erklärt werden können.

Alternativmedizin widerspricht der Naturwissenschaft

Dies ist vor allem deshalb von Bedeutung, da die Alternativmedizin von der Naturwissenschaft nicht deshalb abgelehnt wird, weil sie besonders erfolgreich ist und in Konkurrenz steht zur evidenzbasierten Medizin, sondern weil viele ihrer Grundannahmen der Naturwissenschaft widersprechen. Wären diese nicht nur Annahmen, sondern Realität, müssten nicht nur Teilbereiche der Naturwissenschaft umgeschrieben werden, sondern die Naturwissenschaft als Ganzes würde sich als falsch herausstellen.

Es ist deshalb nicht ohne Ironie, dass viele Vertreter der Alternativmedizin deren Wirksamkeit mit Begriffen zu erklären suchen, die sie der Naturwissenschaft entlehnt haben. So werden besonders gerne physikalische Begriffe wie "Schwingungen", "Felder", "Energien" oder "Information" verwendet oder sogar auf Effekte der Quantenphysik verwiesen. Es kann allerdings nicht genug betont werden, dass diese entlehnten Begriffe mit neuer Bedeutung versehen werden und die meisten alternativmedizinischen und esoterischen Konzepte, die solche Begriffe und Effekte verwenden grundsätzlich nicht mit der Naturwissenschaft in Einklang gebracht werden können. Physikalische Schwingungen oder Energien sind messbar, basieren auf Modellen, benötigen Energie, folgen gewissen Prinzipien. Die Schwingungen etc. der Alternativmedizin sind reine ad hoc Annahmen, mit denen sich die Theorien möglicherweise erklären liessen, so sie denn existieren würden. Sie sind aber nicht messbar, stellen oftmals mehr Energie her, als sie verbrauchen, sind regelrechte perpetua mobilia und widersprechen grundlegenden Prinzipien der Wissenschaft wie dem Energieerhaltungssatz.

Da sich aber weder Mess- noch Bestimmbares nur selten widerlegen lässt, wird gerne zumindest die Möglichkeit solcher Energien etc. propagiert, die von der künftigen Wissenschaft schon noch entdeckt würden. Schliesslich hätten ja auch die Quantenphysik oder die Relativitätstheorie die Physik auf den Kopf gestellt. Dies ist allerdings wie erwähnt deshalb falsch, da es einerseits keinen Nachweis für die Wirksamkeit der meisten alternativmedizinischen Verfahren gibt und die meisten alternativmedizinischen Verfahren grundsätzlich nicht mit dem naturwissenschaftlichen Weltbild vereinbar sind. 

Im Gegenteil lässt sich zeigen, dass verschiedene Interpretationen der Quantenphysik auf Weltbildern basieren, die esoterische Elemente enthalten, dass also nicht die Quantenphysik die Alternativmedizin belegt, sondern umgekehrt die Quantenphysik (noch) nicht verstanden wird, da ihre Interpretationen Vorstellungen enthalten, die nicht mit einem wissenschaftlichen Weltbild vereinbar sind. Vgl. dazu »Quantenphysik; »Brigitte Falkenburg: Mythos Determinismus