Zitate zu Körper-Geist

Boessmann: Unbewusstes als verborgene geheimnisvolle Macht

"Der Begriff des Unbewussten wird von vielen Laien und selbst von den meisten Therapeuten, die mit ihm arbeiten (zum Beispiel Psychoanalytiker, Tiefenpsychologen und Hypnotherapeuten), erstaunlich unreflektiert verwendet. Für sie steht "das Unbewusste" für eine verborgene Macht, die unser Leben, Handeln und Erleben auf mehr oder weniger geheimnisvolle Weise steuert. Immer dann, wenn wir für das Verhalten von Menschen keine rationale Erklärung finden, sind wir geneigt, das Unbewusste verantwortlich zu machen. Das Unbewusste ist quasi ein Platzhalter für Kräfte in uns und in anderen, die wir nicht kennen."

Boessmann 2013, S.21.

Boessmann: der Anfang der Evolution von Bewusstsein

"Am Anfang der Evolution war nach Auffassung von Nicholas Humphrey die Reaktionsbereitschaft von Organismen auf Umgebungsreize auf die Grenzoberflächen dieser Organismen beschränkt. Die Reaktionsbereitschaft zeige sich zum Beispiel darin, dass sich eine Membran oder Haut zusammenzieht, verhärtet oder chemische Stoffe absondert. In diesen Reaktionen sieht Humphrey den primitivsten und ursprünglichsten evolutionären Vorläufer von Empfindungen und Wahrnehmungen. Am Anfang der Evolution wären Reizempfindlichkeit und Reaktionsbereitschaft noch eng miteinander verknüpft, wenn nicht sowieso ein und dasselbe gewesen. Erst mit zunehmender Verhaltensanpassung der Lebewesen an die Umwelt und mit der Entwicklung leistungsfähiger kognitiver Systeme hätten sich Empfindung und Reaktion immer mehr voneinander entkoppelt, sodass wir bei höheren Lebewesen zwei sich ergänzende Perspektiven ihrer Informationsverarbeitung unterscheiden könnten: 1. Was geht da draußen vor? (Humphrey bezeichnet dies als "Wahrnehmung".) 2. Was geht mit mir vor? (Humphrey bezeichnet dies als "Empfindung".)

Boessmann 2013, S. 26.

Boessmann: Über Pantoffeltierchen

"Doch nicht jedem Lebewesen, das Information verarbeitet und sich erfolgreich an seine Umwelt anpasst beziehungsweise die Umwelt an seine Bedürfnisse anpasst, würden wir deshalb schon Bewusstsein zubilligen. Denn schon Bakterien und Einzeller reagieren auf Umweltreize mit biologisch sinnvollem Verhalten. Pantoffeltierchen (Paramecien) beispielsweise besitzen Rezeptoren für Berührung, Temperatur, chemische Reize, Belichtung, Schwerkraft. Sie zeigen gerichtete Bewegungen ihrer Wimpern (Cilien), was ihnen unter anderem die Fortbewegung und Einverleibung (Phagozytose) von Bakterien erlaubt. Pantoffeltierchen können lernen und zeigen sogar ein rudimentäres Gedächtnis. Eine beachtliche Reizverarbeitung und "intelligente" Interaktion mit der Umwelt findet also schon bei Lebewesen ohne Nervenzellen und Synapsen statt."

Boessmann 2013, S. 27.

Quine: there is no mental difference without a physical difference

"The answer is not that everything worth saying can be translated into the technical vocabulary of physics; not even that all good science can be translated into that vocabulary. The answer is rather this: nothing happens in the world, not the flutter of an eyelid, not the flicker of a thougt without some redistribution of microphyscial states." S. 98.

"there is no mental difference without a physical difference. [...] It is a way of saying that the fundamental objects are physical objects. " S. 163.

Willard Van Orman Quine. Theories and Things. Cambridge 1981. Zit. in Nitsch 2012, S. 28.

Damasio: Geisteszustand

"Bewusstsein ist ein Geisteszustand, zu dem ein Selbst-Prozess hinzukommt." S. 169.

"Leider wird Bewusstsein auch häufig mit dem Geist gleichgesetzt, was nach meiner Auffassung ebenfalls ein falscher Wortgebrauch ist." S. 170.

Damasio 2013, div. Seiten

Pauen: Scheinargumente gegen den Naturalismus

"Das ist insofern wichtig, als es auch heute noch sehr starke Vorbehalte nicht nur gegenüber der Annahme gibt, dass Bewusstsein ein physischer Prozess ist, sondern mehr noch gegenüber der Vorstellung, Bewusstsein könne mit den üblichen Mitteln naturwissenschaftlicher Theorien erklärt werden. Viele Autoren bestreiten die Möglichkeit solcher Erklärungen auch für den Fall, dass geistige Prozesse faktisch neuronale Prozesse sind. Hierbei werden zum einen allgemeine methodische Argumente bemüht, zum anderen spielen aber auch Intuitionen eine wesentliche Rolle." S. 391f.

"Konkret hat diese Verschiebung zur Folge, dass die prinzipielle Unzulänglichkeit naturalistischer Ansätze nicht mehr auf der ontologischen, sondern nur noch auf der epistemischen Ebene gesucht wird. Der Naturalismus scheitert dieser Auffassung zufolge also nicht daran, dass geistige Prozesse keine physischen Prozesse sind, sondern daran, dass sie nicht mit Hilfe der üblichen Theorien über physische Prozesse, insbesondere derjenigen der Neurobiologie erklärt werden können. Bewusstsein, so scheint es, stellt aus der Sicht naturalistischer Theorien ein prinzipielles Rätsel dar.  S. 397

"Die Vertreter des Erklärungslückenargumentes behaupten nun, dass phänomenale Eigenschaften prinzipiell nicht in den notwendigen funktionalen Beschreibungen zu erfassen seien.  ... Auch beliebig große Fortschritte der Neurobiologie, so scheint es, können uns keine Erklärung für die spezifische Qualität bewusster Erfahrungen liefern." S. 400

"Abgesehen davon gibt es noch zwei weitere Einwände gegen die dem Erklärungslückenargument zugrunde liegende Annahme, phänomenale Eigenschaften seien in ihrem Kern nicht funktional analysierbar Erstens ist diese Annahme in vielen Fällen faktisch falsch, zweitens würde sie zu abwegigen Konsequenzen führen. Faktisch falsch ist diese Annahme, weil es eine Reihe von phänomenalen Eigenschaften gibt, die zumindest in Ansätzen funktional analysierbar sind." S. 404

"Alle diese Überlegungen sprechen für die Zurückweisung des Erklärungslückenarguments. Doch sie lösen das Problem nicht. Insbesondere bieten sie keine Gewähr dafür, dass es irgendwann einmal möglich sein wird, hinreichend enge Verbindungen zwischen der subjektiven Perspektive der ersten Person und der objektiven Perspektive der dritten Person herzustellen." S. 406

Michael Pauen: Kein Rätsel des Bewusstseins: Grenzen und Bedingungen einer naturalistischen Erklärung des Geistes. In: Crone 2010.

Falkenburg: Kausalprinzip

"Das Kausalprinzip besagt: "Alle Ursachen natürlicher Phänomene sind wiederum natürlich." Es ist dafür geschneidert, allen metaphysischen Monstern in unseren Erklärungen den Garaus zu machen. Wissenschaftliche Erklärungen sind kausal: und kausale Erklärungen dienen dazu, Geister, Götter, Spuk und Wunder aus unserem Verständnis des Naturgeschehens zu verbannen. Das Kausalprinzip unbeschränkt zu verallgemeinern und dabei die Natur ausschließlich als physische Natur (unter Ausschluss der mentalen Phänomene) zu betrachten, führt zu (K) der kausalen Geschlossenheit der Natur. Das Problem ist nur: Unser subjektives Erleben, unsere Absichten und alle bewusst von uns gewollten Handlungen, also gerade das, was unserer Alltagserfahrung am nächsten liegt, alles dies bekommt dadurch ebenfalls den Status von Geistern, Spuk und Wundern."

Hervorhebungen im Original

Falkenburg 2012, S. 49.

Berkeley: Idealismus

"VI. Einige Wahrheiten liegen so nahe und sind so einleuchtend, dass man nur die Augen des Geistes zu öffnen braucht, um sie zu erkennen. Zu diesen rechne ich die wichtige Wahrheit, daß der ganze himmlische Chor und die Fülle der irdischen Objekte, mit einem Wort alle die Dinge, die das große Weltgebäude ausmachen, keine Subsistenz ausserhalb des Geistes haben, dass ihr Sein ihr Percipiertwerden oder Erkanntwerden ist, dass sie also, solange sie nicht wirklich durch mich erkannt sind oder in meinem Geist oder im Geist irgendeines anderen geschaffenen Wesens existieren, entweder überhaupt keine Existenz haben oder im Geist eines ewigen Wesens existieren müssen, da es etwas völlig Undenkbares ist und alle Verkehrtheit der Abstraktion in sich schliesst, wenn irgendeinem ihrer Teile eine vom Geist unabhängige Existenz zugeschrieben wird. Um sich hiervon zu überzeugen, braucht der Leser nur durch eigenes Nachdenken den Versuch zu machen, in Gedanken das Sein eines sinnlich wahrnehmbaren Dinges von dessen Percipiertwerden zu trennen. 

VII. Aus dem Gesagten folgt, dass es keine andere Substanz gibt, als den Geist oder das, was percipiert."

George Berkeley. Eine Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis. Zit. in Köhler 2013, S. 424.