Jeder Erklärungsversuch, jedes Denksystem setzt gewisse Prämissen voraus, welche nicht weiter begründet werden können und die deshalb dogmatisch gesetzt werden müssen. Gleichwohl müssen diese nicht willkürlich sein (Münchhausen-Trilemma). Die wichtigsten Prämissen des wissenschaftlichen Denkens sind:
Die Existenz von erkenntnisfähigen Subjekten
Wissen gibt es nicht ohne Erkenntnis, nicht ohne dass jemand oder zumindest "etwas" weiss. Die reine Erkenntnis ist das Unmittelbarste, das sich nicht sinnvoll bezweifeln lässt. Dieser Gedanke geht auf Augustinus und Descartes zurück, die zeigten, dass im Moment des Erkennens das Erkennen nicht in Frage gestellt werden kann ohne einen Selbstwiderspruch zu begehen (Augustinus: unmöglicher Zweifel; Descartes: cogito, e(r)go sum) Erkenne ich, kann ich nicht zugleich nicht erkennen, denke ich, kann ich nicht zugleich nicht denken, nehme ich etwas wahr, kann ich nicht zugleich nichts wahrnehmen. Damit dieser unmittelbar einleuchtende und nicht sinnvoll bezweifelbare Gedanke gültig ist, wird allerdings die Unmöglichkeit eines Selbstwiderspruchs, respektive die Gültigkeit der klassischen Logik vorausgesetzt.
die Gültigkeit der klassischen Logik
Die klassische Logik dient als Wahrheitskriterium, mit ihr lässt sich zeigen, ob eine Theorie wahr sein könnte oder ob sie mit Bestimmtheit falsch ist. Zur klassischen Logik werden drei Hauptsätze gezählt: der Satz der Identität, der Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch und der Satz vom augeschlossenen Dritten. Diese drei Sätze können nicht sinnvoll in Frage gestellt werden, auch wenn ihre Begründung nicht unproblematisch ist (Münchhausen-Trilemma).
Gemäss der klassischen Logik kann es keine logischen Widersprüche geben. Enthält eine Theorie demnach einen Widerspruch, ist die Theorie falsch. Um die Falschheit von Theorien festzustellen, existieren auch noch weitere logische Kriterien. Zudem dürfen bestimmte Fehlschlüsse wie beispielsweise der Zirkelschluss nicht begangen werden.
Enthält eine Theorie keine Widersprüche und anderen logischen Fehler, bedeutet das aber nicht, dass die Theorie stimmt. Als weitere Prämisse muss deshalb die Möglichkeit der empirischen Überprüfbarkeit vorausgesetzt werden.
die Möglichkeit empirischer Überprüfbarkeit
Eine Theorie gilt aus wissenschaftlicher Perspektive nur dann als (möglicherweise) richtig, wenn sie mit den Tatsachen übereinstimmt, wenn sie einer empirischen Überprüfung standhält. Es darf sich bei der Theorie nicht nur um eine subjektive Phantasie oder Spekulation handeln, sondern es muss überprüft worden sein, ob sie intersubjektiv, subjektunabhängig und objektiv funktioniert. Solche Überprüfungen können aber im Gegensatz zur Logik keine Absolutheit beanspruchen, empirische Befunde können sich immer auch als falsch herausstellen.
minimaler / hypothetischer Realismus
Die Forderung nach Objektivität führt zur notwendigen Annahme, dass eine subjektunabhängige Welt real existiert, die das Subjekt beispielsweise eines lebenden Menschen überdauert. Diese Annahme wird auch durch die Evolutionstheorie vorausgesetzt, gemäss derer sich die subjektunabhängige Welt vermutlich über mehrere Jahrmilliarden evolutionär entwickelt und allmählich Subjekte hervorgebracht hat, die nun Wissenschaft betreiben. Ein solcher objektiver Realismus wird in den Geisteswissenschaften manchmal abgelehnt (»Realismus oder Idealismus), doch ist Naturwissenschaft ohne subjektunabhängiger Welt kaum denkbar.
Kritische Stimmen zum Realismus: »Thomas Nagel: Geist und Kosmos; »Rupert Sheldrake: Der Wissenschaftswahn
Raumzeit und Gesetzmässigkeit
Die subjektunabhängige Welt existiert in Raum und Zeit und ist in sich strukturiert / nicht zufällig oder chaotisch. Zeit und Raum werden durch Gesetze zusammengehalten, die nicht indeterministisch im Sinne von zufällig sind (»Determinismus oder Indeterminismus). Ob diese Gesetze stets kausal (»Kausalität) sein müssen ist umstritten, es stellt sich allerdings die Frage, wie etwas Nichtkausales vorgestellt werden kann, das nicht zufällig ist. Probabilistische Gesetze scheinen jedenfalls logisch nicht auf dem Zufall basieren zu können (»Wahrscheinlichkeit), was auch für die Quantenmechanik gilt: Quantenphänomene sind nicht absolut zufällig, regellos oder ungesetzlich, sondern auch für sie gelten bislang nicht näher erklärbare probabilistische Gesetze (»Quantenphysik). Diese Gesetzmässigkeit im Bereich der Quantenphänomene lässt sich auf jeden Fall weder mit dem absoluten Zufall noch mit "übernatürlichen" Ursachen, respektive Wundern oder göttlichem Eingreifen erklären, weshalb hier eine gravierende Erklärungslücke existiert (vgl. dazu die »Rezension zum Buch "Mythos Determinismus").
Methoden- und Ergebnisoffenheit, Falsifikation statt Verifikation
Wissenschaftliches Denken setzt die Bereitschaft voraus, eigene Irrütmer einzugestehen und zu korrigieren. Auf dem Weg zu einer Erkenntnis sind zwar (fast) alle Methoden erlaubt, dürfen auch Widersprüche oder empirisch falsche Daten in Kauf genommen werden (Feyerabend: Widerspruchsfreiheit als Dogma), das Endresultat muss aber widerspruchsfrei sein und darf empirisch nicht falsifziert (=widerlegt) worden sein (Popper: Falsfikation statt Verifikation).
Da eine wissenschaftliche Theorie nicht bewiesen, sondern nur widerlegt werden kann, müssen wissenschaftliche Theorien grundsätzlich widerlegbar sein. Viele pseudowissenschaftlichen Theorien genügen diesem Kriterium nicht, da sie beispielsweise wie die »Homöopathie einfach immer neue Wirkmechanismen kreieren, die grundsätzlich nicht nachweisbar und damit nicht falsifizierbar sind wie beispielsweise eine "feinstoffliche Lebenskraft".
Vereinbarkeit mit dem akzeptierten Hintergrundwissen
Unwissenschaftliche Theorien wie die Homöopathie werden durch die Wissenschaft vor allem aus zwei Gründen abgelehnt: einerseits gibt es in der Regel alternative, ganz natürliche Erklärungen für die beobachteten Effekte, andererseits sind die meisten pseudowissenschaftlichen Theorien grundsätzlich nicht mit der Wissenschaft vereinbar: sollten beispielsweise die Erklärungsansätze der Homöopathie stimmen, wäre die Naturwissenschaft als Ganzes widerlegt (Lambeck 2006).
Eine wissenschaftliche Theorie muss deshalb bereits bekannte Phänomene erklären können und grundsätzlich vereinbar sein mit älteren Theorien. So hat die Quantenmechanik zwar die klassische Mechanik in gewisser Hinsicht abgelöst, mit der Quantenmechanik lassen sich aber auch die Effekte der klassischen Mechanik erklären.
Allerdings sind nicht alle wissenschaftlichen Theorien miteinander vereinbar - bislang ist es beispielsweise nicht gelungen, Quantenmechanik und Relativitätstheorie in Übereinstimmung zu bringen. Da beide Theorien äusserst gut empirisch bestätigt sind, wird weiter an beiden festgehalten, diese Unvereinbarkeit deutet aber darauf hin, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen wurde.